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Wesermarathon

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Weser2010
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Drei Männer und ein Boot

(Weserfahrt 2010)

   

Im Boot: Einer gähnt, der zweite sucht die Außenkurve, der dritte rudert.

An Land: Einer schnarcht, der zweite sucht seinen Wertsachenbeutel, der dritte kocht. Ihr dürft dreimal raten.

Ja, Ihr habt Recht, es ist unschwer zu erkennen: Das sind Ulrich, André und Johannes auf Wanderfahrt.

Die Weser hatten wir uns auserkoren, 430 km von Hannoversch Münden bis Bremerhaven in vierzehn Rudertagen. André und ich waren 2007 mit dabei, als wir Wikinger am Wesermarathon teilgenommen hatten. Damals hatten wir die Silberstrecke von Hannoversch Münden bis Holzminden, 80 km, an einem Tag zurückgelegt.

Jetzt gönnten wir uns die eine und andere Kirche, dieses und jenes Kloster; hier ein Museum, dort einen Eisbecher. Dementsprechend brauchten wir jetzt drei Tage bis Holzminden. Die Weser ist hier an ihrem Oberlauf ein schnell fließender Fluß, wir brauchten uns nur die Seite mit der größten Fließgeschwindigkeit auszusuchen (das ist generell die Außenkurve) und konnten dann die Skulls aufs Wasser legen: Der Strom schob uns schneller voran als ein Wanderer spazieren geht.

Übernachtet haben wir in Bootshäusern der örtlichen Rudervereine. Dabei zeigte sich ein Vorteil der kleinen Vereine: Dort konnten wir immer die Küche benutzen, während die großen Vereine ihre Restauration verpachtet haben, so dass wir uns da mit Campinggeschirr im Freien verpflegen mussten, wollten wir warm essen oder zum Frühstück heißen Tee und Kaffee trinken.

Vor der Weserfahrt waren wir vor Aalreusen gewarnt worden, vor diesen Unterwasser-Hindernissen zum Fangen von Aalen sollten wir uns in acht nehmen. Der Ruderclub Holzminden hat ein Boot durch einen Unfall mit der Reuse verloren. Wir haben keine Reuse bemerkt, abgesehen von einem Graffiti in Polle, der Burg von Aschenputtel, eindrucksvoll auf einer 25 m hohen Bergkuppe über dem Wesertal gelegen. Weiter ging es nach Bodenwerder, Flusskilometer 110, der Stadt des Lügenbarons Münchhausen. Den Tag darauf, Tag sechs, kamen wir nach 25 km in Hameln an, der Rattenfängerstadt. Hier waren wir im Bootshaus des Rudervereins Weser untergebracht, einem riesigen Bootshaus, wo auch der Landesruderverband Niedersachsen einen Stützpunkt hat. Wir bekamen einen Neubau zugewiesen mit eigenen Toiletten und Innenhof, wo Johannes zum wiederholten Male seine Künste als Küchenmeister des Spirituskochers unter Beweis stellte.

In Minden gönnten wir uns nach über 200 Kilometern und einer Woche auf dem Wasser einen ruderfreien Tag. Vor einer Hochzeitsfeier im dortigen Ruderverein, wo wir schliefen, flüchteten wir in die Innenstadt, wo wegen eines dreitägigen Schützenfestes mehrere Fahrgeschäfte aufgebaut waren.

André war ja nicht so zu begeistern, Johannes und mich zog es aber in Autoscooter und Berg- und Talbahn. Natürlich durfte auch ein Fußmarsch zur sechs Kilometer südlich gelegenen Porta Westfalica mit ihrem Wahrzeichen, dem das Wesertal überblickenden Kaiser-Wilhelm-Denkmal, nicht fehlen. Die Porta Westfalica, volkstümlich Weserscharte genannt, ist das Durchbruchstal der Weser, wo diese das Weserbergland verläßt und in die Norddeutsche Tiefebene hineinfließt. Ab hier, Flusskilometer 200, ist es mit dem gemütlichen Rudern vorbei. Der Fluß hat bis Bremen nur noch selten Fließgeschwindigkeit, weil er alle paar Kilometer durch Wehre abgesperrt ist, die wir auf dreierlei Art zu umgehen hatten:

  • Treideln in einer Bootsgasse (man steigt aus und flutet eine Art Rutsche, über die man dann das Boot talabwärts führt, tunlichst an einer Leine, damit einem das Boot unten nicht abhaut)
  • Übertragen, zum Glück hier immer mit Bootswagen bzw. Gleisloren, so dass man das Gepäck im Boot lassen kann ... So dachten wir uns, bis wir Langwedel erreichten, wo wir feststellen mussten dass wir das Boot zwar auch oben mit Gepäck auf eine Lore schieben konnten, dann aber das Gleis nicht bis ins Wasser reichte, so dass wir unten doch noch erst das Gepäck aus dem Boot nehmen mussten, bevor wir das Boot aus dem Gleisbett ins Wasser hieven konnten
  • Schleusen – die bequemste, aber, wie wir in Dörveden erfahren mussten, mit zweieinhalb Stunden Wartezeit nicht immer die schnellste Lösung. Auf dem Wasser waren wir in der Regel von neun in der Frühe bis zum Nachmittag. Abends war mit uns nicht mehr viel los.

Das hatte erstens den Vorteil, dass die Museen offen waren und wir zweitens den Regen, wenn es welchen gab, bereits im Bootshaus erlebten. Das Wetter war uns hold. Tagsüber Regen, so dass wir im Boot naß wurden, hatten wir an einem einzigen von vierzehn Rudertagen. Bei Flusskilometer 361,5 erreichten wir Bremen, die Gezeitengrenze. Unser Ruderverein lag auf km 366, und danach sollte es mit neuer Kilometrierung bei Null wieder von vorne losgehen. Aber erst einmal lag ein weiterer Ruhetag vor uns.

Wir kamen gerade an, als in Bremen ein Festival der Straßentheater stattfand; Johannes und ich waren gerade auf Touri-Bummel bei den Bremer Stadtmusikanten, als uns der Weg durch eine Bühne verbaut wurde. So blieben wir stehen und wurden mit einer Slapstick-Komödie belohnt, die Stan Laurel und Oliver Hardy nicht besser hätte hinlegen können: Lass uns mal einen Baum aus Holz werkeln.

Kurz hinter Bremen, wo die Lesum in die Weser fließt, überholten uns zwei Vierer aus Osterholz-Scharmbeck, dem uns bekannten Verein, der die Teufelsmoorrallye ausrichtet. Sie wollten nach Harrier Sand, picknicken, etwa zwei Kilometer nördlich Brake.

In Brake waren wir zum Übernachten im dortigen „Ruder- und Segelverein“ angemeldet.

Als wir bei Niedrigwasser ankamen, lag der Rasen sechs Meter über uns. Ich bat André, den Osterholzern zu folgen, mit ihnen zusammen beim Strandpicknick das Kippen der Tide abzuwarten und den Braker Vereinsrasen bei Hochwasser anzulaufen. Obwohl mich Johannes unterstützte, hatten wir beim Fahrtenleiter keine Chance: Wir seien verabredet und dabei bleibe es. Das war aber, ich möchte es ausdrücklich sagen, der einzige Konflikt während zwei Wochen des Zusammenseins auf engstem Raum.

Der morgige Tag schweißte uns schon wieder zusammen: Mit vier Windstärken kam uns der Wind aus Nordwest entgegen, als wir nach Bremen im Nordosten wollten. Angesichts der Schaumkronen auf dem Wasser verzichteten wir darauf, auf halbem Wege noch einmal die Weser zu kreuzen um in Nordenham die Plätze zu wechseln.

In einem Akt der Verzweiflung, weil uns nichts anderes übrig blieb, steuerte ich unser Boot auf eine Schlickbank und Johannes sprang aus seinem Platz auf Bug in den Modder, wo er bis zum Bauchnabel einsank, bis er zum Platz des Steuermanns gelangte und sich wieder ins Boot hievte.

Leider gibt es davon keine Fotos, auch nicht von der großartigen Skyline, die sich uns darbot, als wir uns Bremerhaven näherten, zu sehr hatten wir damit zu tun, gegen die Wellen anzukreuzen. Und plötzlich, kaum waren wir in der Hafenmole, war der Wind weg.

Bei stechend heißer Sonne quälten wir uns dann noch fünf Kilometer das ausgetrocknete Bett der Geeste hoch, einem Fluss, der mit seinen Mäandern an die Schwinge bei Stade erinnert, wo wir 2008 zehn Flusskilometer gerudert waren, um zwei Kilometer Luftlinie weit zu kommen.

Und dann, zwei Meter vom Ziel entfernt, dem Steg des Bremerhavener Rudervereins, steckten wir im Schlamm fest. Eine gefühlte halbe Stunde dauerte es, bis wir wieder so viel Wasser unter den Kiel bekamen, dass wir anlegen konnten.

Eine schöne Urlaubstour war zu Ende. Mit Wehmutstränen setzten wir uns in den Zug nach Hause. „Gepäck hochscheren!“, kommandierte ich, als wir beim Betreten der Treppenstufen mit unseren Seesäcken in den Sprossen hängenblieben.

Ulrich Rothe


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