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"Gesunkenen helfen heißt königlich handeln" (Ovid)

   

Jedes Jahr unter einer anderen philosophischen Überschrift finden in Otterndorf die Maifeierlichkeiten der Ruderabteilung statt. Dabei wird darauf geachtet, die Jahreslosung durch gezielt herbeigeführte Ereignisse für die Ruderer direkt und unvergeßlich erlebbar zu machen.

So wurden in den Vorjahren die Sätze "Den Balken im eigenen Wasser sieht man nicht" oder "Wir können nicht alle in einem Boot sitzen", in entsprechende Aktivitäten umgesetzt, die als Teambuilding-Event oder Mitmach-Theater nur unzureichend beschrieben sind.

Am Maifeiertag ab 8 Uhr sammelte man sich, Otterndorfer Vereinsmitglieder und Hamburger Gäste, bei leichtem Nieselregen und in einer Stimmung so aufgeräumt wie ein Bootshaus in Elbnähe. Nachdem der letzte Regenschauer abgezogen war, genügte ein kurzer Blick auf das Regenradar für die Feststellung: "Heute werden wir nicht mehr naß!". Hier hätte man bei einiger Aufmerksamkeit ein sehr feines Lächeln in den Gesichtern jener Vorstandsmitglieder wahrnehmen können, die für die Organisation des Tages verantwortlich waren. Nur diese waren in die Details eingeweiht, während die normalen Mitglieder zwar manches ahnten, aber mit einiger Gewißheit aufgrund vergangener Erfahrung nur wußten, daß der Höhepunkt des Tages wohl erst nach dem Essen stattfinden würde und daß nur eines der vier Boote im eigentlichen Fokus der Veranstaltung stehen würde. Nur die Hamburger Besucher ahnten natürlich von alledem nichts und freuten sich vorbehaltlos auf einen wunderschönen Rudertag.

So ging es in bester Laune an die Vorbereitung der Boote. Kurze Verwirrung entstand, als einer der Besucher vom Steg mit lautem Platsch in den Kanal geriet. Allgemeines Abwinken, nein, das galt noch nicht, das war ungeplant, und der Kamerad wurde möglichst geräuschlos wieder trockengelegt und ruderfertig gemacht.

Nun also auf den Hadelner Kanal und anschließend durch die originelle Schleuse, vorbei am Schöpfwerk mit dem größten Rohr des Universums auf die 16 km lange Medem, die - in Fahrtrichtung betrachtet - erst durch Otterndorf, dann durch Landschaft und kleinere Siedlungen vor sich hin mäanderte. Am Wegesrand sah man Angler und Bäume, manche umgekippt, diverses Wassergeflügel, einen fliehenden Eisvogel und einen Alsterdampfer auf großer Fahrt.

Ein Schöpfwerk hätte auch dem hölzernen Museumsvierer gut getan, stieg doch der Wasserspiegel im Inneren so stark an, daß einige zwischenzeitlich vermuteten, dem Boot sei bei der heutigen Veranstaltung vom Vorstand noch eine besondere Rolle zugedacht - ein im nachhinein verständlicher aber irriger Gedanke.

Im beschaulichen Zielort Ihlienwort gibt es eine kleine, niedliche, enge Schleuse von der Größe eines Moorkahns. Man konnte vor der Schleuse anlegen und die restlichen Meter zur Einkehr zu Fuß zurücklegen, wenn man feige war und wasserscheu, was aber nur auf die Besatzung eines der Boote zutraf. Die anderen nahmen kurzerhand die Ruder lang, hinein in die Kammer, das eine Tor geschlossen, das andere geöffnet und frei-weg bis zum Endpunkt. So macht man das, wenn man das Rudern gelernt hat!

Es wurden leckere Currywürste gereicht, feinste Salate und schmackhafte Schnitzel- und Pommesvariationen. Anschließend folgte mit steigender Anspannung der Aufbruch zurück zur kleinen, niedlichen, engen Schleuse.

Drei Boote mußten hindurch. Zuerst der Zweier: eine reibungslose, professionelle Aktion ohne Zwischenfälle. Dann der mit vier Mann besetzte Likedeeler: "Ruuuder lang!" ---

Natürlich saß am Steuerplatz ein altgedienter Fahrensmann; er hatte es unauffällig so einzurichten verstanden, daß er diese Etappe übernahm. Als nun die Skulls bereits parallel zum Boot lagen und daher nicht mehr störend eingreifen konnten, als die Schleusenkammer gerade erreicht war und alle damit rechneten, daß das Boot stoppen sollte und das Tor geschlossen werden konnte, da wurde für den Bruchteil einer Sekunde ein schelmisches Blinzeln im Auge des Steuermanns erkennbar, bevor er den Hauptteil seines Gewichts ganz kurz aber wirkungsvoll nach Steuerbord verlagerte. Während der ahnungslose Verfasser dieses Berichts in reflexhafter Naivität noch versuchte, einen Ausgleich zur Backbordseite zu schaffen, verstanden die heimischen Ruderer sofort, was von ihnen erwartet wurde. Ohne Hast, aber doch mit der nötigen Entschlossenheit folgten sie dem Beispiel des Steuermanns, so daß das Boot eine halbe Rolle seitwärts vollführte und die Ruderer in das maikühle Naß beförderte, wo sie sich kurz orientieren mußten, um dann dem Licht entgegen zu streben und aufzutauchen. Dies alles geschah so geschwind, daß Außenstehende nur das Ergebnis sahen: einen kieloben schwimmenden blauen Bootsrumpf und vier aus den Fluten auftauchende Köpfe.

Und jetzt lief alles blitzschnell nach der vorbereiteten Choreographie ab. Wie aus dem Nichts tauchten mehrere Fahrzeuge auf, warme Jacken und Handtücher wurden gereicht, trockene Kleidung war "zufällig" in genau der benötigten Menge zur Stelle und wurde auf das kameradschaftlichste geteilt, Hilfsbereitschaft großherzig gezeigt und dankbar angenommen, das gekenterte Boot mit vereinten Kräften an Land gezogen, restentleert und wieder zu Wasser gelassen. Begeistert von der perfekten Organisation und den zwischenmenschlichen, wahrhaft königlichen Erfahrungen, treten wir beschwingt gemeinsam den Rückweg an.

Wir danken den Otterndorfer Ruderkameraden sehr herzlich, daß wir an diesem großartig geplanten Erlebnis der Hilfsbereitschaft teilhaben durften, und wünschen auch für das nächste Jahr wieder ähnlich erfolgreiche Feierlichkeiten. Das geplante Motto ist jedenfalls schon mal --- durchgesickert: "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß"

Martin Meyer-Wyk


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